da ich mich erst jetzt nach 51/2 Jahren in der Lage sehe, den Tod meines
Zwillingsbruders einigermaßen verkraftet zu haben, möchte ich ein paar
ergänzende Zeilen zu seiner
Webseite schreiben.
Zugegeben, das Editorial ist etwas lang geworden, aber es hätte in der
Ausführung noch länger werden können, wenn ich den Text nicht nachhaltig gekürzt
hätte.
Somit ist es eine Mischung aus Editorial und Nachruf geworden.
In den letzten Jahren habe ich viele Fragen von Freunden zu dem Thema
gestellt bekommen, was nun mit Winfrieds Werken nach seinem Tod geschehen ist,
und bemühe mich jetzt, sie einigermaßen erschöpfend zu beantworten.
Auch werde ich auf die Fragen eingehen, in welchem Verhältnis Winfried zu den
Haupterben gestanden hat.
Um dieses Verhältnis zu verstehen, ist auch meine Position zu den Haupterben
beschrieben, weil man wird erst bestimmte Zusammenhänge begreifen, wenn man die
"Zwillinge" sieht, und nicht nur Winfried alleine.
Somit kann ich in Zukunft einfach sagen: "Schaut auf seine Webseite, da
liegen die Antworten auf alle Fragen..."
Wie schon anderorts erwähnt, werden
hier momentan
nur die Collagen von 1998 vorgestellt.
Nach dem Tod von Winfried war kein Testament vorhanden. Somit ging sein
gesamtes Werk, bis auf einen kleinen Teil, in den Besitz der Haupterben Mutter
Sophia Beck, Schwester Andrea Pfau und Bruder Michael Beck über.
Um Missverständnissen vorzubeugen sind mit "Familie" im weiterführenden Text die
Haupterben, also der engste Familienkreis gemeint.
Bis heute habe ich keinen Zugriff auf die Werke meines Zwillingsbruders, kann
also keinerlei Auskunft darüber geben, was nun mit dem Nachlass an Bildern,
Kleinplastiken, Collagen und Zeichnungen geschehen ist.
Bisher habe ich auch keine Rechercheergebnisse, ob die Haupterben mit Werken
meines Zwillingsbruders Ausstellungen organisiert - bzw. Werke aus dem Nachlass
verkauft - oder im schlimmsten Fall vernichtet haben, was ich nicht hoffe, es
wäre zu grotesk.
Auch ob das Oevre überhaupt sachgerecht gelagert wird, weiß ich nicht. Es
handelt sich ja hier nicht um Konserven, sondern um hochempfindliche Bilder,
teils in Öl gemalt, welche in einem ordentlichen Raumklima gelagert werden
müssen.
Die Heizungsluft in einem Keller-Hobbyraum eines Einfamilien-Reihenhaus sorgt
sicherlich nicht für das ideale Lagerungsklima von unzähligen Bildern
unterschiedlichster Mal- und Größenformate.
Mit dem Tod von Winfried ist auch der Zwillingsbruder für die "Familie"
"gestorben". Sicherlich kommt mir das heute sehr gelegen, weil ich selbst auf
den Kontakt, spätestens nach der Beerdigung von Winfried, ebenfalls liebend
gerne verzichte.
Wie zu diesem Ereignis mein engster Familienkreis mit mir umgegangen ist,
spottet jeglicher Beschreibung, außer man sollte im heiligem Zorn in die Welt
hinausbrüllen:
"Schämt Euch, weil so schnell wird nicht verziehen, auch nicht von jenen, die
Zeugen geworden sind!"
Abgesehen von den familiären Schwierigkeiten bezweifle ich, dass die
Haupterben überhaupt wissen, was sie da in Wirklichkeit geerbt haben und in
Händen halten.
Verständnis und Respekt vor Winfrieds Kunst habe ich innerhalb der "Familie"
nicht wirklich entdeckt, eher dass Winfried als Mensch nicht wirklich ernst
genommen wurde, da er sich hier viel zu viel gefallen ließ. Kurz gesagt, eher
untauglich für ein erfolgreiches Leben gehalten wurde, weil nicht hart genug um
Reichtum anzuhäufen.
Na ja und Kunst zu machen ist kein Broterwerb, sondern etwas für Versager.
Dass Winfried Meisterschüler der freien Malerei war, also mit Leidenschaft Kunst
studiert hatte und ausübte, schien dennoch nur geduldet zu sein.
Diese Meinung verfestigte sich zunehmend, weil Winfried ein gutgläubiger und
verzeihender Mensch war, der sich schwer damit tat, sich gegen so eine
Behandlung perfider unterschwelliger Diskriminierung massiv zu wehren und
Konsequenzen zu ziehen.
Winfrieds Weltschau und gelebte verzeihende Philosophie wurde nicht maßgeblich
erschüttert, es schien jedenfalls so, trotz schamloser Ausnutzung seiner
empathischen Fähigkeiten durch engste Freunde und die "Familie".
Er hatte sich mit den Weltreligionen, Schamanismus, Magie, fernöstlichen
Philosophien und moderner Aufklärung auseinander gesetzt, und für sich einen Weg
gefunden, mit den dümmlichen Anfeindungen innerhalb der "Familie" umzugehen.
Das wurde von der "Familie" als mangelnde Konfliktfreudigkeit-
umgangssprachlich feige aufgefasst.
Deshalb musste man ihn auch nicht für voll nehmen, mit der Konsequenz, dass
seine Stellung innerhalb der "Familie" als geduldeter Künstler und bedauerlicher
Hungerleider zu bezeichnen ist, worüber man sich im Außenverhältnis zu schämen
hatte.
Dieser Leidensdruck führte Winfried zu den Überlegungen, seinen Nachnamen auf
"Weidner", dem Namen unserer Großeltern in Köln, zu ändern, was ich aber als
bedenklich empfand und ihm mitteilte.
Ja und da gab es noch den Zwillingsbruder Manjo!!!
Zum Leidwesen der "Familie" hatte der sich ja nicht nur mit fernöstlichen
Philosophien, Religionen und moderner Aufklärung, sondern auch mit
politischen Ideen und Idealen auseinandergesetzt, und arbeitete zeitweilig
auch noch in einem "kollektiven Blatt" namens Stadt-Revue in Köln.
Was da womöglich noch vorher, während seiner Berliner Zeit (1971-1979)
geschehen sein mag, wollte man sich erst gar nicht ausmalen, da dräute "der
deutsche Herbst".
Der ist der Kommunist in der "Familie", was innerhalb der Zuordnung so
aussah: Kommunist = Gefährlich = Aggressiv = Unberechenbar.
Vor dem muss man sich in Acht nehmen.
Absoluter Blödsinn, reine Verunglimpfung, aber wirksam.
So entsteht schnell ein Personenbild, welches man als Betroffener nicht mehr
korrigieren kann.
Das würde ja wieder ein neues Nachdenken über- und Entdecken der Person von
jenen erfordern, welche das Bild in die Welt gesetzt haben. Da bezweifle
ich, dass die Urheber der Verunglimpfung dazu in der Lage sind, bzw. die
Leistung einer Korrektur des Personenbildes erbringen wollen..
Ist man einmal mit Dreck beworfen, bleibt immer etwas haften, da kann man
noch soviel schrubben,
es bleibt immer etwas übrig in der Wahrnehmung der betroffenen Person.
Das wussten schon die alten Römer.
Da bleiben die Urheber lieber bei den gefassten Bildern über die Person
sowie den Vorstellungen, wie diese Person innerhalb der Hierarchie der
"Familie" positioniert zu sein- zu funktionieren und sich gefälligst
unterzuordnen hat.
Was für ein Problem für die "Familie", dass sich diese "Enfants
terribles" nicht unterordneten.
Da gab es immer noch diese ungebrochene Renitenz der Zwillinge gegen diesen
absolutistischen Wahnsinn und Familienzwang, der keine freie Entfaltung
einer eigenständigen emanzipierten Persönlichkeit, und die liebevolle
Förderung all ihrer Möglichkeiten und Facetten zuließ und respektierte.
Je älter wir Zwillinge wurden, desto mehr drängte
sich uns die Frage auf, warum wir ausgerechnet in diese "Familie"
hineingeboren worden sind.
Hierzu muss man wissen, dass wir unsere ersten fünf Kinderjahre im
Kinderheim in Köln-Sülz zugebracht haben.
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Hier hatten wir eine zentrale, liebende und fürsorgliche Bezugsperson namens
Käthe Wasser erhalten, die wir heiß und innig liebten.
Nach unserer Rückführung in die "Familie", in die Gladbacher Str. 23 , machte
uns die Eifersucht unserer Mutter auf diese Frau, in ihren Auswirkungen von
körperlicher Gewalt und Psychoterror, das Leben zur Hölle. Andererseits war sie
mit unserer Präsenz an ihr Schicksal erinnert, uneheliche Kinder in die Welt
gesetzt zu haben. Inzwischen war sie zwar mit meinem Vater verheiratet, aber
besonders glücklich schien sie mit ihrer Ehe nicht zu sein. Das bekamen wir
leidvoll zu spüren. Was unsere Mutter zur Weißglut brachte war die Tatsache,
dass wir uns zunehmend innerlich verweigerten und ihr gegenüber kein Vertrauen,
geschweige denn bedingungslose Mutterliebe entwickelten.
Ihre "gewaltigen" Bemühungen, unseren Willen zu brechen und sich ihr gefügig zu
machen, hatten keinen Erfolg. Dieses ständige Klima von Unterdrückung, Terror
und Gewalt, mit den Auswirkungen permanenter Angst, hat nachhaltig unsere
Lebensjahre bis zum 18. Lebensjahr geprägt, und wirkt sich traumatisch
bis heute aus.
"Einmal Heimkind, immer Heimkind!" So war und ist die Stellung in der Familie.
Da kommt ja noch die Zeit hinzu, wo wir ab unserem 12. Lebensjahr über 2 1/2
Jahre jedes Wochenende, egal ob Sommer oder Winter, zur Zwangsarbeit am Bau des
Eigenheims in Immendorf, incl. Swimmingpool und Gartenplanierung gepresst
wurden. Das war körperliche Schwerstarbeit, völlig unverantwortlich und
unzumutbar für Kinder in unserem Alter. Da wurde der Speis gerührt. Die
Kalksandsteine und Kaminsteine aus vereistem Dreck herausgepult, aufs Förderband
gehievt und in langen Reihen gestapelt. Der gefrorene Aushub aus dem Keller und
Swimmingpool mithilfe von Spitzhacke und Schaufel im Garten gleichmäßig verteilt
und untergegraben. Die Betonmischmaschine mit Wasser aus Eimern, Sand, Kalk, und
Zement gefüttert usw.. Alles aufzulisten sprengt den Rahmen.
Montags waren wir in der Schule übermüdet, unkonzentriert und kraftlos.
Wehe, man wurde krank, das war ja quasi Drückebergerei.
Weitere Tätigkeiten in den folgenden Jahren am Eigenheim der "Familie"
machten das Leben dort zum Albtraum.
Zu einem Täter-Opfer-Ausgleich kam es bis heute nicht.
Bevor meine Mutter diese Zeiten zugibt, beißt die sich lieber die Zunge ab, oder
beschwichtigt, es sei alles nicht so "schlimm" gewesen.
Die unmittelbaren Zeugen sind inzwischen, bis auf mich gestorben, oder noch
Lebende halten sich heraus. Wer kann also hierzu noch als Augenzeuge auftreten,
außer ich?
Das konnte ja nur als Strafe aufgefasst werden. Aber was hatten wir uns zu
Schulden kommen lassen?
Darüber denke ich inzwischen nicht mehr wirklich nach, weil man hat ja die
Freiheit zu gehen.
Das Umfeld von unsäglicher Rückständigkeit, Dummheit, Kurzsichtigkeit,
Eifersucht und Egoismus kann man bedenkenlos mit Freuden, ohne Gewissensbisse
verlassen.
Man muss sich diese Freiheit nur nehmen, was Winfried aber nicht wirklich tat,
weil er immer noch die Hoffnung und den Wunsch hatte, er könnte einen ihm
gebührenden respektierten Platz innerhalb der "Familie" einnehmen.
Aus meiner Sicht hat so ein Platz nie existiert, und wenn er existiert hätte,
dann weder für Winfried oder mich.
Das Ziel hatte Winfried nicht aus den Augen verloren, allerdings ging der Wunsch
nie in Erfüllung
Bis zu seinem Tod hat ihn das sehr belastet.
Die künstlerischen Inhalte der Werke von Winfried, welche über
außerordentliche Substanz verfügen, werden von den Haupterben nicht durchblickt,
geschweige denn verstanden.
Wie auch, wenn der nötige kulturelle Hintergrund fehlt.
Da haben die Säue die Perlen geerbt und die Philosophie sowie Ausdrucksstärke
und Schönheit seiner Werke nie wirklich erkannt.
Da verharren diese familiären Herrschaften weiter in ihrem Mief, ihrem
religiösem Aberglauben, ihrer unerträglichen Arroganz und Intoleranz, in ihren
Ressentiments gegenüber den Menschen, welche den Mut haben, freier in ihrem
Leben und ihren Gedanken zu sein, als sie selber.
Diesen Mut hatte Winfried, den allerdings niemand innerhalb der "Familie"
wahrnehmen wollte, geschweige denn respektierte.
Bei der Vorstellung, dass diese unfähigen Kunst-Banausen und spießigen
Kleinbürger mit seiner Hinterlassenschaft spekulieren, sich heute auf einmal mit
seiner Leistung brüsten, sich die Autorität anmaßen, trotz mangelndem Tiefgang,
unzureichender kultureller Bildung und Kompetenz, gerade im Bereich freier
bildender Kunst sowie Kunsthistorik, etwas zu Winfrieds Werken auszusagen, da
könnte ich ebenfalls einen Herzinfarkt bekommen.
Wo bleibt da, kurz nach Winfrieds Tod, die Erfüllung großmundiger Aussagen
und Versprechungen meiner Schwester gegenüber der Verwandtschaft zum Thema
"Ausstellungen organisieren"?
Bis heute werden offenbar die Werke versteckt, aus welchen Gründen auch immer.
Da erkenne ich nur die Unfähigkeit, angemessen mit seinem Erbe das zu tun, was
man mit Bildern macht, nämlich Ausstellungen in einem möglichst großen
öffentlichen Raum zu realisieren. Da gehören die Bilder hin, weil die Qualität
und der Umfang des Oevre das zulässt .
Am Geld mangelt es den Herrschaften nicht, solche Ausstellungen zu finanzieren,
aber an Phantasie.
Auch wäre es durchaus möglich, entsprechende Experten hinzuzuziehen, damit nicht
nur die Qualität des Oevre offiziell dokumentiert wäre, sondern auch Winfrieds
Stellung innerhalb der Kölner Kunstschaffenden des 20. und 21. Jahrhunderts, als
Sohn der Stadt Köln, bestätigt würde.
Leider verfüge ich nicht über die Mittel. Ich könnte auch nicht, selbst wenn
ich eine "große" Ausstellung in die Wege leiten würde, auf wichtige Werke aus
dem Nachlass zugreifen, da ich weder das Erbrecht noch Zugriffsrechte besitze.
Von daher ist so eine Überlegung als rein spekulativ zu sehen.
Vieles, was mir vom Werk Winfrieds geblieben ist, habe ich immer noch nicht
gesichtet und dokumentiert.
Hierzu gehören die Tonträger, Unmengen an Fotos, und eine kleinere Anzahl an
Gemälden und Zeichnungen.
Die Sichtung gerade der Tonträger habe ich mir bis heute gespart, da dies eine
sehr zeitaufwendige Arbeit ist.
Außerdem hatte ich schon bei einer groben Sichtung des Materials vor 4 Jahren
Probleme, einzelne Tonträger bestimmten Ereignissen zuzuordnen.
Nur Winfried fand damals zur gefragten Zeit den zugehörigen Tonträger im
passenden Karton oder Koffer.
Gerne würde ich mehr zur Dokumentation des künstlerischen Nachlasses von
Winfried Beck beitragen.
Winfried war ja nicht nur Maler, sondern auch Musiker, also interdisziplinär
tätig.
Hierzu gibt es jetzt neu einen Artikel "Der
Musiker Winfried Beck" hier auf dieser Seite.
Weitere Artikel werden in nächster Zeit folgen.
Danke für den Besuch dieser kleinen, aber sicherlich informativen Seite über
meinen Zwillingsbruder,
und den Künstler Winfried Beck aus Köln
Beste Grüße
Manjo
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